Prüfung und Zertifizierung für Community Masken – Im Gespräch mit Dr. Kristina Fuhrmann
In der COVID-19 Pandemie ist der Bedarf an Masken für die Bevölkerung stark gestiegen, um die Ausbreitung des Virus zu verringern. Viele Unternehmen aus der Textil- und Modebranche haben reagiert und die waschbaren Stoffmasken in ihre Produktion aufgenommen. Bis heute gibt es jedoch keine gesetzlichen Regelungen, die sich speziell mit diesen Produkten befassen. Die für den privaten Gebrauch bestimmten Community Masken werden wie ein Kleidungsstück behandelt und werden entsprechend dem Textilstandard allein auf ihre Verkehrsfähigkeit geprüft. Aussagen über die Qualität der Masken sind für Hersteller und Kunden jedoch gleichermaßen wichtig. TÜV Rheinland Expertin Dr. Kristina Fuhrmann hat mit ihrem Team daher eine interne Prüfgrundlage (2PFG S 0193/04.20) als Ergänzung zu den gesetzlichen Mindestanforderungen entwickelt.
Die aktuellen gesetzlichen Regelungen zu den Community Masken lassen einige Fragen offen. Es liegt uns jedoch am Herzen, dem Verbraucher eine Orientierung zu bieten und für Sicherheit und Transparenz zu sorgen. Eine im Gesicht getragene Maske kann eben doch nicht wie ein beliebiges Kleidungsstück behandelt werden.
Dr. Kristina FuhrmannFrau Dr. Fuhrmann, was macht die Community Masken zu so einem speziellen Produkt?
Die Community Masken müssen weder den Anforderungen an die PSA-Verordnung noch die der Medizinprodukte-Verordnung gerecht werden. Rein rechtlich werden sie daher genauso behandelt wie beispielsweise ein T-Shirt oder andere Textilien, die längere Zeit mit dem menschlichen Körper in Kontakt kommen. In der Praxis haben Masken jedoch, anders als ein T-Shirt, einen sehr speziellen Anwendungsbereich, da sie im Gesicht über den Atemwegen getragen werden. Grundsätzlich haben die Community Masken die Funktion Nase, Mund und Kinn abzudecken und andere Personen vor einer Tröpfcheninfektion zu schützen. Den Schutz den sie versprechen sollten sie natürlich auch bieten. Außerdem war es uns wichtig eine ganz klare Abgrenzung von CPA und Medizin Masken zu schaffen (Masken Arten).
Welche zusätzlichen Anforderungen sollten Ihrer Meinung nach für die Masken gelten?
Wir bei TÜV Rheinland finden es wichtig, dass die Community Masken über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus einige Qualitätsstandards erfüllen, denn sie sind eine Barriere für die Atmung des Trägers. Die Atemdurchlässigkeit ist nur ein Punkt, der in den geltenden gesetzlichen Regelungen noch keine Berücksichtigung findet. Aus unserer Sicht sind Geruchsaspekte, der Aufbau der Masken oder die Verwendung geeigneter chemischer Stoffe genauso wichtig.
Ihre Abteilung hat eine interne Prüfgrundlage für Community Masken entwickelt. Warum ist das wichtig?
Wir sehen einige Lücken bei den aktuell geltenden gesetzlichen Regelungen, was sicherlich dem kurzfristig gestiegenen Bedarf geschuldet ist, denn bisher waren solche Masken eine absolute Nische. Wegen der COVID-19 Pandemie haben viele Unternehmen aus der Textil- und Modebranche die Community Masken kurzfristig in ihre Produktion aufgenommen. Das macht auch Sinn, da sie über die nötige Erfahrung verfügen, die Maschinen und das Personal haben. Diese Unternehmen wissen in der Regel auch schon ganz genau, was sie für den Nachweis über die Verkehrsfähigkeit benötigen. Andererseits werden wir von den Herstellern häufig gefragt, welche Empfehlungen wir bei den Themen Atemdurchlässigkeit, Geruch oder Ähnlichem empfehlen können. Hier zeigt sich wieder, dass es sich um ein spezielles Produkt handelt, bei dem Hersteller wie Kunden dringend Orientierung benötigen.
Was wird durch die interne Prüfgrundlage des TÜV Rheinland zusätzlich geprüft und was sind kritische Faktoren?
Ein wichtiger Bestandteil ist die Prüfung auf gefährliche Schadstoffe. Hier arbeiten wir intern mit Parametern, die über die gesetzlich vorgeschrieben hinausgehen und schauen auch auf nicht-reglementierte Substanzen, wie kariogene oder allergisierende Dispersionsfarbstoffe, die der menschlichen Gesundheit schaden könnten. Ein besonderes Augenmerk legen wir auf die Verwendung von Bioziden und Pestiziden. Sobald ein solcher Stoff ausgezeichnet ist, sind die Masken nach unserer Prüfgrundlage durchgefallen. Im Hinblick auf die Fertigung ist das Thema Maschenwaren immer wieder problematisch. Wir haben Maschenware bei der Prüfung nicht pauschal ausgeschlossen, da es Stricktechniken gibt, die gewebeähnliche Textilien ermöglichen. Generell ist die Luftdurchlässigkeit bei Maschenwaren allerdings höher. Auch andere Faktoren wie Formbeständigkeit beim An- und Ausziehen, aber auch das Design der Masken können Hersteller vor eine Herausforderung stellen.
Biographie Dr. Kristina Fuhrmann widmet sich seit Jahren der Textiltechnologie und arbeitet als Expertin des TÜV Rheinland jeden Tag daran, die Qualität von Produkten erkennbar zu machen. Als Abteilungsleiterin für den Bereich Softlines zeichnet sie verantwortlich für die Produktsicherheit von Textilien, Schuhen und Persönlicher Schutzausrüstung. Die gebürtige Aachenerin studierte Wirtschaftsingenieurwesen Fachrichtung Maschinenbau an der renommierten RWTH Aachen Universität mit dem Schwerpunkt Textiltechnik. Für ihre Promotion 2018 erhielt sie den Friedrich-Wilhelm-Preis 2019 und die Wilhelm-Borchers-Plakette. |
Was ist denn beim Design von Community Masken zu beachten?
Den Herstellern sind da eigentlich wenige Grenzen gesetzt, solange der Bereich von Kinn, Mund und Nase bedeckt ist. Unsere Prüfgrundlage legt aber zum Beispiel fest, dass alle Schichten bei mehrschichtigen Masken fest miteinander verbunden sein müssen oder, dass die Maske bei sachgerechter Verwendung nicht in Einzelteile zerfallen darf. Und es gibt Designs, die aus unserer Sicht Vorteile bieten, wenn zum Beispiel Nasenbügel dafür sorgen, dass die Maske enger anliegt. Solche Masken sind bei Brillenträgern beliebt, da die Brille nicht so schnell beschlägt. Letztlich würde ich das Designthema auch als eine Chance für Hersteller sehen. Mittlerweile gibt es Masken in allen Farben und Formen und in teils hohen Preissegmenten. Viele Kunden verstehen sie nicht mehr nur als Mittel zum Schutz, sondern sogar als eine Art modisches Accessoire.
Wie kann man sich die Produktprüfung nach der internen Prüfgrundlage vorstellen?
Um eine solche Prüfung durchführen zu können, benötigen wir vom Hersteller eine ausreichende Anzahl von repräsentativen Mustern seines Produktes. Zusätzlich benötigen wir einige Artikelinformationen und Dokumente, wie zum Beispiel eine genaue Produktbeschreibung und -bezeichnung, eine Artikelnummer, Angaben zum Hersteller aber auch Angaben zu allen verwendeten Materialien. Wenn die Muster und alle benötigten Unterlagen vorliegen, können wir die Prüfung der Masken innerhalb weniger Tage durchführen und nach erfolgreichem Abschluss mit dem Prüfzeichen „Schadstoffgeprüft“ auszeichnen.
Was passiert, wenn ein Produkt nicht erfolgreich geprüft werden konnte?
In diesen Fällen müssen wir dem Hersteller dann leider einen sogenannten „Fail-Bericht“ ausstellen. Das ist für den Kunden natürlich ärgerlich, gibt ihm aber gleichzeitig einen Überblick über die festgestellten Mängel an seinem Produkt. Leider gab es auch schon Fälle, in denen wir Produkte wegen Biozider Ausrüstung, eines unzureichenden Designs oder der Stabilität durchfallen lassen mussten. Wenn der Kunde die Mängel ausgebessert hat, bieten wir ihm natürlich eine Nachprüfung an. Dabei schauen wir dann noch mal genau auf die kritischen Faktoren. Es reicht beispielsweise nicht, die Biozide Ausrüstung der Masken einfach nicht mehr zu deklarieren. Wenn solche Fälle im ersten Test aufgetreten sind, führen wir eine genaue Prüfung durch.
Und bei erfolgreicher Prüfung erhält das Produkt das Prüfzeichen„TÜV Schadstoffgeprüft.“ Warum ist das für Hersteller wichtig?
Die Frage ist, kann mein Produkt in diesem speziellen Fall mit den gesetzlichen Mindestanforderungen auf dem Markt bestehen, denn natürlich sind die Kunden verunsichert. Ein Prüfzeichen kann dann schon Sicherheit geben und ist eine vorteilhafte Kundenkommunikation. Es könnte sich für Hersteller langfristig auszahlen, wenn ihr Produkt nicht nur die gesetzlichen Mindestanforderungen, sondern auch sinnvolle Anforderungen an den Anwendungsbereich erfüllt.
Warum sollten Unternehmen gerade den TÜV Rheinland mit der Durchführung von Prüfungen beauftragen?
Wir sind für die Prüfung dieses Produktes weltweit gut aufgestellt. Wir haben umfangreiche Expertise bei der Produktprüfung im Bereich der Chemie und Textilindustrie und kennen neben den üblichen Schadstoffen in Textilien auch die Verfahren und Produktionsprozesse. Wegen dieser langjährigen Erfahrung konnten wir als eines der ersten Unternehmen die Entwicklung einer eigenen Prüfgrundlage abschließen. Durch unser Engagement in verschiedensten Gremien sind wir zudem immer auf dem neuesten Stand, was Verordnungen angeht. Wir können unseren Kunden genau erklären, was heute gesetzlich geregelt ist und wissen auch, was morgen hinzukommt.
Services für Sie
Kontaktieren Sie unsere Experten und informieren Sie sich über unser umfassendes Serviceangebot im Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie.