Smartes Badezimmer mit digitalem Spiegeldisplay – Symbol für die Vernetzung und Technologie im modernen Bad

Die Zukunft des Bades: Experten erklären digitale Entwicklungen und Prüfanforderungen für smarte Badezimmer

Das Badezimmer entwickelt sich zunehmend zu einem hochmodernen Raum, in dem nicht nur Wohlbefinden, sondern auch neue digitale Lösungen im Vordergrund stehen. Ob intelligente Duschsysteme, vernetzte Spiegel oder digitale Funktionen zur Wasser- und Energieeinsparung – die Vielfalt an Innovationen wächst stetig. Doch wie sieht es mit der Sicherheit dieser Technologien aus? Im Gespräch mit den Experten Martin Fries und Gerhard Richter von TÜV Rheinland werfen wir einen Blick auf die Herausforderungen, die mit der Elektrifizierung und Digitalisierung des Badezimmers einhergehen. Welche Anforderungen stellen sich bei der Prüfung dieser neuen Produkte und wie gewährleistet TÜV Rheinland deren Sicherheit?

„Viele Menschen möchten auch im Bad digitale Unterhaltungs- und Informationsmöglichkeiten nutzen.“

MARTIN FRIES

Das klassische Verständnis von Sanitärausstattung umfasst Badkeramik und Armaturen. Wo kommen da Elektrifizierung und Digitalisierung ins Spiel?

Martin Fries: Die Weiterentwicklung des Bades hin zu einer Wellness- und Wohlfühloase umfasst auch immer mehr Smart-Home-Produkte. Die Hersteller arbeiten seit einiger Zeit am digital angereicherten Badezimmererlebnis, am "Smart Bathroom" sozusagen.

Auf welche Bereiche erstrecken sich die Elektrifizierung und Digitalisierung des Badezimmers?

Gerhard Richter: Aus Studien wissen die Hersteller und wir, dass sich fast die Hälfte der Menschen neue Technologien für die Wasser- und Energieersparnis wünschen. Ein gutes Viertel möchte im Bad aber auch digitale Unterhaltungs- und Informationsmöglichkeiten nutzen. Und ein Fünftel sieht neue Technik als Möglichkeit für noch mehr Komfort, Relaxen sowie persönliche Hygiene und Sauberkeit.

Welche Lösungen entwickeln die Hersteller dafür?

Martin Fries: Ersparnis und höherer Komfort lassen sich durch berührungslose Sensortechnologien und auch schon durch Smartphone-Steuerungen realisieren. Sie können in einer App persönliche Profile hinterlegen. Die Dusche erkennt den Nutzer oder die Nutzerin und stellt Wassertemperatur, Strahlstärke, Duschdauer und anderes automatisch ein. Wer möchte, kann beispielsweise festlegen, morgens nur zwei Minuten warm zu duschen, dann 30 Sekunden kalt und dafür abends eine Viertelstunde wechselwarm mit individueller Ambientebeleuchtung.

Das Infotainment im Bad erfolgt zum Beispiel durch Spiegel mit intelligenter Technologie, auf denen sich Nachrichten, Streaming-Inhalte oder Wettervorhersagen abrufen lassen. Ein Duschpaneel mit integriertem Display könnte mit Smartphones kommunizieren sowie Massage- und Lichtsteuerungsfunktionen bieten.

Im Bereich Hygiene und Sauberkeit spielen WCs mit elektrischer Spülung und Bidetfunktion, einem für Anal- und Intimbereich individuell anpassbaren Duschstrahl, eine wichtige Rolle. Sie sehen: Die Vielfalt an elektrisch betriebener Badausstattung und Zubehör entwickelt sich gerade sehr dynamisch und geht längst über die Grenzen beleuchteter und intensitätsverstellbarer Badschränke hinaus. Natürlich sind viele der genannten Produkte eher hochpreisig und heute noch aufs Luxussegment beschränkt. Es ist jedoch absolut vorstellbar, dass sich solche Technologien über die Zeit auf breiter Basis durchsetzen.

Erfahren Sie mehr über die Experten hinter intelligenten Badezimmerlösungen: Martin Fries und Gerhard Richter

Gerhard Richter
Martin Fries
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Laborleiter Safety | TÜV Rheinland

Gerhard Richter

Gerhard Richter ist seit 2002 bei TÜV Rheinland tätig und verfügt über umfassende Expertise im Bereich Produktsicherheit. Er ist Sachverständiger für Haushaltsgeräte, IT-Unterhaltungselektronik, Leuchten, elektrifizierte Möbel und Laborgeräte.

Seit 2008 vertritt er TÜV Rheinland in der OSM HA (Organisation für die Sicherheit von Haushaltsgeräten). Im Jahr 2010 übernahm er die Position des Laborleiters für den Bereich Safety am Standort Nürnberg, wo er für die Prüfung und Zertifizierung von Produkten sowie die Leitung des Prüflabors verantwortlich ist.

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Global Head TCC Bau- und Sanitärprodukte | TÜV Rheinland

Martin Fries

Martin Fries ist seit 1990 bei TÜV Rheinland tätig und hat sich auf die Prüfung und Überwachung von Sanitärprodukten spezialisiert. Mit umfangreicher Erfahrung in Europa, Asien und Amerika ist er ein anerkannter Sachverständiger auf diesem Gebiet.

2001 übernahm er die Position des stellvertretenden Laborleiters im Labor für Sanitär- und Abscheidetechnik. Seit 2017 leitet er als Global Head of Technical Competence Center (TCC) für Bau- und Sanitärprodukte den fachlichen Austausch und die Bereitstellung von Expertise für die weltweiten Labore von TÜV Rheinland.

In seiner globalen Führungsrolle arbeitet Martin Fries eng mit seinem Expertenteam zusammen und engagiert sich aktiv in verschiedenen deutschen und europäischen Normenausschüssen. Mit seiner technischen Kompetenz und langjährigen Erfahrung trägt er wesentlich zur Weiterentwicklung von Standards und zur Sicherstellung der Produktqualität in der Bau- und Sanitärtechnik bei.

Inwiefern ändern oder erweitern sich durch diese neuen Produkte und Anwendungen die Prüfanforderungen?

Gerhard Richter: So angenehm die elektrische und digitale Erweiterung des Baderlebnisses ist: Bad heißt immer auch Wasser, und das verträgt sich bekanntlich nicht mit Strom. Spritzwasser wird in einem Bad immer vorkommen, deshalb spielen in unseren Produktprüfungen die Anforderungen der ISO 20653/DIN EN 60529 mit Schutzarten wie IP 44 eine große Rolle. Das umfasst auch eine Hochspannungsprüfung zum Beispiel für Gehäuse und elektrischen Komponenten von Spiegelschränken.

Auch bei den neueren elektrischen Features muss die elektrische Sicherheit gegeben sein. Und die prüfen wir nicht nur bei 230 Volt, sondern mit der bis zu 1,5-fachen Netzspannung. Denn egal wie die Spannung schwankt: Das Duschwasser darf nie über 40 Grad warm werden, die Heizung des WC-Sitzes darf niemals zu Verbrennungen führen, die Unterdusche der Toilette nie das definierte Temperaturfenster verlassen. Auch gibt es besondere Anforderung an Sprudelbäder und der Licht- und Unterhaltungstechnik.

Bei digitalen Installationen kommen Dinge hinzu, die im Badbereich noch eher ungewöhnlich sind – eine EMV-Prüfung auf elektromagnetische Verträglichkeit, eine Wireless-Prüfung, Tests der Cybersecurity etc. Ebenfalls zentral ist die DIN/EN 15091. Diese Norm legt u. a. die Anforderungen an die Kennzeichnung, Identifizierung, Dichtheit, elektrische Sicherheit, Betriebssicherheit, Funktion und mechanische Festigkeit von Sanitärarmaturen mit elektronischer Öffnungs- und Schließfunktion fest

„Bei digitalen Installationen kommen Dinge hinzu, die im Badbereich noch eher ungewöhnlich sind: EMV-Prüfung, Wireless-Prüfung, Cyber-security etc.“

Gerhard Richter

Was bedeutet es, wenn Hersteller diese Standards nicht erfüllen?

Gerhard Richter: Es handelt sich überwiegend um obligatorische Prüfungen. Das bedeutet: Sollte ein Produkt nicht konform mit den regulatorischen Anforderungen sein, darf der Hersteller es bei uns nicht auf den Markt bringen. Allerdings bieten wir auch zahlreiche freiwillige Prüfungen an, die große Hersteller immer stärker nachfragen, um ihren Produkten ein Alleinstellungsmerkmal oder ein verkaufs- förderndes Prüfsiegel mit auf den Weg geben zu können.

Welche Vorteile genießen Hersteller durch freiwillige Produktprüfungen?

Gerhard Richter: Freiwillige Prüfungen sind bei uns sehr stark nachgefragt. Oft suchen sich die Hersteller bewusst risikoorientierte Prüfungen aus. Wir von TÜV Rheinland fungieren dann nicht als Notified Body, sondern erstellen individuelle Prüfberichte. Ein Beispiel: Für kaltweiße LED-Leuchten ist keine Prüfung auf photobiologische Sicherheit vorgeschrieben, aber manche Hersteller legen viel Wert darauf. Ähnliches gilt für die Lautstärke von Sanitärinstallationen im Nebenraum. Wer im Mehrfamilienhaus oder Hotel schon mal von einer nächtlichen Dusche geweckt wurde, weiß, wovon wir sprechen …

Natürlich bieten wir auch das GS-Zertifikat an. Wobei „GS“ nur für fertige Produkte anzuwenden ist – für feste Installationen kommt es also nicht in Frage. Interessant ist für viele Hersteller das Siegel „Bauartgeprüft“. Dafür erstellen wir einen individuellen Prüfplan und führen elektrische, mechanische und chemische Tests durch. Auch eine Fertigungsinspektion gehört dazu. Dabei beurteilen wir unter anderem, ob die Belegschaft geschult ist und die eingebauten Komponenten den Dokumenten entsprechen. Die Hersteller erkennen einen klaren Mehrwert der freiwilligen Prüfungen. „Bauartgeprüft“ können sie beispielsweise in vielen weiteren EU-Ländern verwenden.

Zu welchem Zeitpunkt sollten Hersteller ihre Produkte und Anwendungen prüfen lassen?

Martin Fries: Es ist absolut sinnvoll und gelebte Praxis, nicht erst das fertige Produkt prüfen zu lassen, sondern bereits Prototypen in verschiedenen Entwicklungsstadien. In dieser Phase konsultieren uns die Hersteller auch zum Verständnis der einen oder anderen Norm und Richtlinie. In technischen Meetings besprechen wir dann, wo eventuelle normative Schwachpunkte bzw. Herausforderungen jedes einzelnen Produktes liegen könnten.

Sind die Hersteller Ihrer Erfahrung nach mit den (sich ändernden) regulatorischen Vorgaben vertraut?

Gerhard Richter: Die großen Namen der Branche kennen die Anforderungen und beschäftigen auch eigene Elektrotechniker und Elektroniker, damit ihre Produkte von vornherein konform sind. Allerdings sprechen auch solche Unternehmen uns gerne während der Produktentwicklung an – etwa für Fragen, wie eine bestimmte Norm zu interpretieren sei. Aktuell werden viele neue Richtlinien und Normen veröffentlicht, die große Herausforderungen an die Hersteller stellt.

Bei Importeuren von Billigprodukten kann das anders aussehen: Manchmal kaufen sie ein Produkt ein und erfahren erst durch unsere Prüfungen, dass eine Beschriftung oder ein Warnhinweis nicht korrekt ist oder dass Komponenten bzw. das gesamte Produkt nicht der Konformitätserklärung – des CoC –entspricht. Das ist natürlich sehr ärgerlich. Besser wäre es, uns frühzeitig mit einem Probemuster ins Boot zu holen und eventuell eine Bewertung durchführen zu lassen.

Wie können Sie Hersteller auf dem Weg zu sicheren und konformen Produkten unterstützen?

Martin Fries: Mit unseren umfassend erfahrenen Profis und den top ausgestatteten Prüflaboren in Nürnberg und Würzburg sind wir ein echter Komplett-Badprüfer mit dem kompletten Portfolio. Der Kunde benötigt kein weiteres Prüflabor. Hinzu kommen die räumliche Nähe und die gemeinsame Sprache: Im Gegensatz zu Wettbewerbern, die ihre Prüfeinrichtungen in Asien haben, können wir aus Deutschland heraus agieren und den europäischen Herstellern einen direkten Mehrwert bieten. Die kurzen Transportwege und eine engere Zusammenarbeit führen zu schnelleren Reaktionszeiten.

Warum bietet sich TÜV Rheinland als Prüfdienstleister gerade für elektrifizierte und digitalisierte Sanitärausstattung an?

Martin Fries: Ein ganz zentraler Punkt sind unsere Expertise, Erfahrung und unser technisches Know-how. Das liegt weit über dem anderer Prüfdienstleister. Gerade während der Produktentwicklung genießen Hersteller dadurch Vorteile, beispielweise in der Normenzusammenstellung durch unsere Profis. Dazu sind wir in vielen Gremien vertreten und arbeiten mit an kommenden Normen.

Aus Gesprächen wissen wir, dass unsere Kunden die offene Kommunikation, den Dialog und den Austausch mit uns sehr schätzen. Sie erhalten Zwischeninfos zum Status einer Prüfung und können sogar persönlich vorbeikommen und sich das Labor sowie den Prüfungsprozess live ansehen. Sollte es zu Abweichungen kommen, kann der Kunde dann direkt entscheiden, ob wir weiterprüfen oder die Prüfung abbrechen sollen, weil das Produkt zuvor modifiziert wird. Dies bietet einen erheblichen Mehrwert im Vergleich zur Prüfung in Asien – wenn das Produkt dort durchfällt, kann das massiv Zeit kosten. Wir sind jedenfalls für alle Prüfanforderungen in diesem äußerst dynamischen Segment gerüstet. Mit ihren topmodernen Produkten und Anwendungen zeigen die Hersteller, was sie können – wir auch.

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