Die gesetzlichen Vorgaben der REACH-Verordnung betreffen auch medizinische Produkte:
- Prinzip „No Data – No Market“: Wenn SVHC-Stoffe enthalten sind (>0,1%), dann hat der Kunde das Recht dies zu erfahren. (REACH Verordnung; Artikel 33).
- Notifizierungs¬pflicht: Wenn ein Hersteller oder Importeur mehr als 1t pro Jahr (>0,1%) eines SVHC herstellt oder importiert, muss er dies an ECHA melden (REACH Verordnung; Artikel 7).
- Um SVHC-Stoffe bei der Entsorgung identifizieren zu können, müssen Hersteller oder Importeure sie in die SCIP-Datenbank eintragen.
- Die Verwendung von Stoffen, die für den Verbraucher vorhersehbar gefährlich sind, wird in Anhang XVII REACH reglementiert. Darin werden auch die vorhersehbaren Auswirkungen der geplanten Verwendung berücksichtigt, z.B. längerer Haut¬kontakt.
- Stoffe, die für die Umwelt gefährlich sind, werden in der Regel in der POP-Verordnung geregelt, z.B. persistente Stoffe wie perfluorierte Verbindungen.
- Weitere Stoffe in elektrischen Medizinprodukten, die für die Umwelt gefährlich sind, sind nach RoHS Richtlinie in allen Komponenten der Geräte verboten.
- Speziell bei invasiv angewendeten Medizinprodukten oder bei Medizinprodukten, die dem Körper Arzneimittel, Körperflüssigkeiten oder sonstige Substanzen verabreichen, entnehmen oder lagern, gilt es CMR-Stoffe der Kategorie 1A oder 1B sowie Stoffe mit endokrin wirkenden Eigenschaften zu identifizieren und wie in der MDR dargestellt zu bewerten (i.S.v. MDR, Anhang I, Abs. 10.4 ++).
Um Ihnen den Einfluss von REACH vor Augen zu führen, haben wir die oben genannten Punkte auf ein Produkt angewendet. Unser Beispiel ist die metallische Spitze des Netzteiles eines Blutdruckmessgerätes. Wir nehmen an, dass dieses Bauteil aus Messing besteht und 2% Blei enthält. Somit ist eine SVHC gelistete Substanz enthalten und es gilt folgendes:
Zu 1: Sie haben eine Informationspflicht gegenüber Ihren Kunden und müssen die Information auf Anfrage auch anderen Interessenten mitteilen.
Zu 2: Sie müssen berechnen, ob Sie als Hersteller in der Summe mehr als 1t pro Jahr an Blei in diesem Gerätetyp und allen anderen Ihrer Geräte/Erzeugnisse auf den Markt bringen. Ggf. müssen Sie dies der ECHA mitteilen.
Zu 3: Sie müssen diese Information in der SCIP-Datenbank hinterlegen.
Zu 4: Es ist zu prüfen, ob das Verbot von Blei nach Eintrag 63 Punkt 7. greift. In unserem Beispiel ist der Eintrag nicht anzuwenden, weil dieses Bauteil unter normalen oder vorhersehbaren Verwendungsbedingungen von Kindern nicht in den Mund genommen werden kann. Außerdem sind Erzeugnisse im Anwendungsbereich der Richtlinie 2011/65/EU (RoHS) ausgenommen.
Zu 5: Es ist zu prüfen, ob Blei im Rahmen der POP-Verordnung reglementiert ist. Dies ist nicht der Fall.
Zu 6: Das Produkt muss den Anforderungen der RoHS Richtlinie entsprechen. Der Gehalt an Blei im Stecker ist nur zulässig, da hier eine Ausnahme nach RoHS genutzt werden kann. Der Nachweis kann durch entsprechende Dokumentationen und Analysen geführt werden.
Zu 7: Da die metallische Spitze des Netzteiles des Blutdruckmessgerätes nicht invasiv angewendet wird und auch nicht dem Transport oder der Lagerung von Substanzen dient, sind keine besonderen Maßnahmen in Bezug auf CMR-Stoffe der Kategorie 1A oder 1B sowie Stoffe mit endokrin wirkenden Eigenschaften zu treffen (i.S.v. MDR, Anhang I, Abs 10.4 ++). Anders wäre dies ggf. im Falle eines Beatmungsschlauchs oder Blutbeutels in dem Phthalate als Weichmacher eingesetzt werden.